Sie befohlen alle Polen zu töten, in der Ukraine sind sie Helden. Wolhynien- Massaker hat nicht nur das Gesicht von Bandera.

 

Die antipolnische Aktion, Verbrechen in Wolhynien, Wolhynien-Massaker oder Massaker in Wolhynien und Ostgalizien – verschieden genannt systematische Morde an der polnischen Bevölkerung von Wolhynien und Ostgalizien (Vorkriegswoiwodschaft Lemberg, Stanisławów, Tarnopol), die von ukrainischen Nationalisten in Jahren 1943-1945 verübt wurden. Nun begann es vor 73 Jahren, den 9. Februar 1943 im Dorf Parośla, als Anhänger von Stepan Bandera etwa 150 Polen ermordet haben.

Bandera, der in der Ostukraine als Held verehrt wird, und in vielen Städten stehen ihre Denkmäler weiterhin auf Sockeln. Er gilt als Freiheitskämpfer, der die Idee ukrainischer Unabhängigkeit verbreitete. In Russland und in Polen wird er schon lange als Verbrecher betrachtet.

Dekalog des Nationalisten

“Du schreckst nicht zurück vor schlimmsten Verbrechen, wenn dies unsere Sache erfordert”.

Mit dem nächsten Jahrestag dieser dramatischen Ereignissen lohnt es sich, die wichtigsten der Massenmorden an der polnischen Bevölkerung betreffenden Tatsachen zu erinnern.

Mörder

Für Morde waren unmittelbar verantwortlich Aktivisten der Organisation Ukrainischer Nationalisten, der Bandera-Fraktion (OUN-B), die im Jahre 1940 infolge der Spaltung der OUN entstand. Außerdem existierte auch die Melnyk-Fraktion (OUN-M), die Andrij Melnyk unterstützte. Die OUN selbst wurde schon im Jahre 1929 gegründet, und ihr hörten Aktivisten der Ukrainische Militärorganisation (UWO) an, die den Strafverfolungsbehörden der Zweiten Polnischen Republik gut bekannt waren.

Sie stecken hinter vielen Attentaten auf polnischen Diplomaten, sie versuchten auch den Präsidenten Stanisław Wojciewchowski und Marschall Piłsudski umzubringen. Seit dem Jahre 1933 an der Spitze der OUN stehender Bandera war im Übrigen zuerst zum Tode, danach zu lebenslanger Haft verurteilt. Ihn rettete der Kriegsausbrauch im Jahre 1939.

Jedoch assoziiert man das Massaker von Wolhynien nicht nur mit Bandera, der sich im deutschen Konzentrationslager Sachsenhausen befand (früher arbeitete er mit Nazis zusammen), während seine Untergebenen Polen abschlachteten. Unmittelbare Befehle zum Töten gab nämlich sein Untergebener – Roman Schuchewytsch Taras Tschuprynka, der Oberbefehlshaber der Ukrainische Aufständischen Armee, des militärischen Flügel der OUN-B, das im Jahre 1942 entstand. Die griff mit Hilfe der Ukrainischen Selbstverteidigung (Samoboronni Kushtchovi Viddily) polnische Dörfer an und sie brachten gnadenlos ihrer Einwohner um.

Schuchewytsch, dessen Denkmäler – ähnlich wie im Fall von Bandera – sich in der Ukraine befinden, waren unterstellt andere Henker der polnischen Bevölkerung – Kommandeure von zwei Einheiten der UPA: Dmytro Kljatschkiwskyj „Klym Sawur“ und Iwan Lytwyntschuk „Dubowyj“. Durchschnittliche Verbrecher könnten nach Tausenden gezählt werden.

Unter Mördern Polen waren auch Ukrainer, die mit dem Dritten Reich kollaborierten. Es geht um Freiwillige aus dem Polizeiregiment 4 bei der SS-Division-Galizien. Diese Formation war verantwortlich für das Massaker von Huta Pieniacka, wo etwa 600-1200 Polen ermordet wurden (den 28. Februar 1944).

Ausmaß der Verbrechen

Für den ersten Massenmord an der polnischen Bevölkerung von Wolhynien hält man der Überfall der UPA auf das Dorf Parośla im Kreis Sarny. Zum Verbrechen kam es den 9. Februar 1943 und fanden damals den Tod circa 150 Polen. Der Mord wurde von der Einheit der UPA unter Führung von Hryhorij Perehijniak  „Dowbeszka-Korobka” verübt.

Zygmunt Abramowski, Messdiener in der Pffarei Chrynów, 11 VII 1943

Neben der Tür stehend, habe ich nach der Evolution eine verdächtige Bewegung bemerkt. Ich habe gesehen, dass ein paar Bandera-Anhänger ein „Degtjarjow-Maschinengewehr“ geplaziert haben. Dann haben sie mit Salven und einzelnen Gewehren auf Menschen zu schießen angefangen. (…) Menschen haben durch die Seitentüre neben der Sakristei und neben dem Chor zu fliehen begonnen. Die Kapelle ist aber dicht umstellt gewesen und Schüsse haben unaufhörlich gefallen. (…) Die ganze Zeit haben Schreie, Stöhnen und ohrenbetäubendes Gebrüll von Kindern erklungen.

Seinen Höhepunkt erreiche das Massaker von Wolhynien am 11. Juli 1943. Am  „Blutsonntag“, wie dieser Tag genannt wurde, füllten zahlreich erscheinenden Polen ländliche Kirche. Sie vermuteten aber nicht, dass sie nach ihre Häuser nicht mehr zurückkehren. An diesem Tag überfiel die UPA rund 100 Ortschaften. Bewohner wurden in Kirchen getötet, aus ihren Häusern gewaltsam herausgeholt, auf verschiedene Weise gefoltert.

Später kam zu dantesken Szenen in Hunderten von Dörfern in den darauffolgenden beiden Jahren, unabhängig von Geschlecht und Alter. Es hat zum Ziel alle „Ljachen“ zu töten. Während der Aktion der „Reinigung“ Wolhyniens von aller Spuren des  Polentums wurden nicht selten ein paar hundert Menschen umgebracht. Oft sind nach polnischen Dörfern nur Trümmer übrig geblieben. Zu den blutigsten Verbrechen kamen in Janowa Dolina, Ostrówki und Wola Ostrowiecka.

Als die Massaker in Wolhynien an ihrer Intensität verloren, gab die Führung der UPA den Befehl zum Morden in Ostgalizien. Zu den Verbrechen kam es auf dem Gebiet Ostgaliziens vom Herbst 1943, und im Frühling nächstes Jahres wurde bedeutend mehr Morde begangen. Die größte Anzahl von Polen wurde in Mala Beresowyzja, Pidkamin, Bryntsi-Zagirni, Lipniki und im oben genannten Dorf Huta Pieniacka getötet. Ukrainer brachten Polen eben beim Festessen am Heiligen Abend um. Ein Beispiel dafür ist das Masaaker von Ihrowyzja in Podolien.

Als die Beendigung des „Wolyhnieschen Gemetzels“ gilt die Offensive der UPA, die auf polnischen Dörfern im Mai 1945 durchgeführt wurde. In den Jahren 1943-45 wurden von der UPA auf dem Gebiet von Wolhynien und Ostgalizien insgesamt rund 100 Tausend Polen umgebracht. Manche Forscher geben eine höhere Opferzahl an  – rund 130 Tausend ermordeter Menschen. Es gab insgesamt ungefähr 4.000 Orte des Grauens der polnischen Bevölkerung und sie werden auf dem Internetseite von der Vorstellung des Instituts für Nationales Gedenken „Wolhynien 1943. Sie  rufen aus Gräbern, obwohl sie keine haben“ erwähnt.

Säuberungsaktion oder Völkermord?

Die Erinnerung an diese Ereignisse trennt heutzutage die beiden Völker. Eine  strittige Frage ist auch die Bezeichnung dieser dramatischen Ereignissen. Die   einen qualifizieren das „Wolhynische Gemetzel“ als ethnische Säuberung, die  anderen betrachten es als Völkermord. Die weisen darauf hin, dass  Befriedungen polnischer Dörfer geplant waren. Es gib auch diejenige, die    in     diesem Fall vom grausamen, barbarischen Völkermord (lat. genociduium atrox) sprechen, weil von der UPA verübte Morde besonders brutal waren.

Man stellte fest, die Zahl der von Bandera-Anhängern angewendeten Foltermethoden bezifferte sich auf 326. Und Opfer wurden auf raffinierte Weise getötet: man verbrannte sie lebendig, man pfählte sie oder ihnen wurden einzelne Körperteile abgehackt. Ohne Ausnahme – Frauen, Kindern oder Greisen.

Polnische Vergeltung

Während des Wolhynischen Gemetzels kam auch zu Vergeltungsaktionen der     im    Untergang agierenden polnischen Unabhängigkeitsbewegung und    der     sich im Zusammenhang mit ukrainischen Angriffen formierenden Selbstverteidigung. Sie wurden durchgeführt, um die polnische Bevölkerung zu schützen, Banden der Ukrainischen Aufständischenarmee zu liquidieren, erwarteten ukrainischen Angriffen zuvorzukommen.

Die Mehrheit der Überfalle wurde aber von Rachegelüsten für Befriedungen polnischer Dörfer getrieben. Ein der bekanntesten Verbrechen ist das von polnischen Partisanen (von der Heimatarmee und den Bauernbataillonen) verübte Massaker von Sahryn vom 10. März, infolgedessen 150-300 Ukrainer ums Leben kamen.

Insgesamt wurde von Polen ungefähr 10-12 Tausend Bewohner ukrainischer Dörfer getötet, in den allermeisten Fällen waren es unschuldige Zivilisten.

Sahryn, den 10. März 1944, eine Vergeltungsaktion der Abteilung der Heimatarmee des Bezirks von Tomaszów gegen die ukrainischen Bewohner des Dorfes.

Manche ukrainische Historiker nutzen die Tatsache der polnischen Vergeltungsaktionen aus und behauptet, dass Verbrechen im Rahmen regelrechten bewaffneten polnisch-ukrainischen Konfliktes begangen wurden. Ein Befürworter dieser sowohl von polnischen als auch von manchen ukrainischen Forschern abgelehnten Theorie ist Wolodymyr Wiatrowitsch, der Autor eines umstrittenen Buches „Der zweite polnisch-ukrainische Krieg 1942-47“.

Die These, dass man alle auf Aufregnung ukrainischer Nationalisten begangenen Schreckenstaten durch den Kriegszustand entschuldigen könnte, ist aber stark übertrieben. Polnische Historiker warnen davor, polnische Verbrechen mit ukrainischen gleichzusetzen, weil von der UPA geübte Morde geplant und gut organisiert waren, während Vergeltungsverbrechen spontanen Charakter haben, obwohl sie oft genauso blutig waren.

Ukrainische Gerechte

In manchen Aktionen der UPA nahmen ebenfalls einheimische Ukrainer teil. Es gab aber nicht selten Fälle, wo Polen von ihren ukrainischen Nachbarn gerettet wurden. Sie  setzen ihr Leben aufs Spiel, weil das Verstecken der „Ljachen“ immer in derselben Weise bestraft wurde.

LEOKADIA NOWAKOWITSCH ÜBER DIE HILFE VON GERASIM NOWAKOWITSCH

Sie sind durch Getreide gegangen und als sie liegende Leiche gefunden haben, haben sie sie an Ort und Stelle vergraben. (…) in diesem Moment habe ich über mir die Stimme des Ukrainers Gerasim gehört. (…) „Geh nirgendwohin, vielleicht bemerken sie dich nicht, dann hole ich dich am Abend. Dein Bruder ist bei mir.“ (..) Er hat gesagt, dass man nicht warten sollte, sondern ins Krankenhaus in Kowel fahren. Er hat mein Gesicht mit einem Tuch umwickelt und mich in einen Füttersack für Pferde gesteckt. Danach hat er mich mit Häcksel überschüttet und  auf  den Wagen geladen. Den Bruder hat er neben sich gesetzt und haben wir uns auf den Weg gemacht.

„Das Buch der Gerechten aus den Kresy“

Ukrainische Gerechte retteten von der Vernichtung insgesamt 2527 Polen – sie warnten ihnen im Voraus vor geplanten Überfällen, sie leisteten ihnen medizinische Hilfe, sie lieferten ihnen Lebensmittel, sie großzogen polnische Waisen. Es gab auch Fälle, dass sie verweigerten, ihre Nachbarn zu töten, wodurch sie sich dem Zorn der Bandera-Anhänger aussetzten. Insgesamt rund 1,3 Tausend Ukrainer kamen Polen zu Hilfe, dabei bezahlten 384 von ihnen dafür mit ihrem Leben. Denjenigen, die Polen während des Massakers von Wolhynien retteten, ist das vom Institut für Nationales Gedenken (IPN) herausgegebene „Buch der Gerechten aus den Kresy“ gewidmet.

***

Die Frage des Massakers von Wolhynien wird wahrscheinlich immer von Polen und  Ukrainern unterschiedlich beurteilt. Es wäre ideal, wenn die Diskussion über diese tragischen Geschehnissen vor vielen Jahren aktuelle Beziehungen zwischen den beiden Völkern nicht beeinflussen würde, weil man Politik

von  Geschichte trennen sollte. Es  ist aber oft einfach schwer zu tun. Umso mehr, dass die gemeinsame polnisch-ukrainische Geschichte voll dramatischer Ereignissen ist. Ein  Schlüssel dazu ist, auch wenn es banal klingen mag, die Wahrheit zu erfahren, eben die schmerzlichste Wahrheit.

Übersetzung: Marta Jabłońska

Quelle: natemat.pl

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